Bahnhof Aumühle im Dunkeln
Musikerinnenleben

Nachts allein in dunklen Bahnhöfen

Wenn die Probe zuende oder die letzte Zugabe vom Konzert gespielt ist, dann kommt schon bald die Einsamkeit. Und die fängt nicht erst zu Hause an.

Ich fahre meistens mit öffentlichen Verkehrsmitteln. Ein Nebeneffekt davon ist mein ungewolltes Hobby, nachts allein auf dunklen Bahnsteigen herumzuhängen und auf die letzten Züge zu warten. Das tinnitusähnliche hohe Fiepen der Bahnhofsbeleuchtung ist das einzig wahrnehmbare Geräusch. Es ist unangenehm kalt, ich fröstele vor mich hin und grusele mich.

Oft bin ich ganz allein, manchmal schleichen einzelne Gestalten am anderen Ende des Bahnsteigs umher. Wenn andere Menschen den Bahnsteig betreten, checke ich sie automatisch nach Gruseligkeitsfaktor ab und erhöhe gegebenenfalls meine Distanz zu ihnen. Ich tippe eine SMS an meinen Mann, damit er weiß, wo die Polizei später meine Leiche suchen muss, falls ich nicht wohlbehalten nach Hause komme. Außerdem hoffe ich, nicht angesprochen zu werden, weil ich so beschäftigt wirke, während ich auf das Handydisplay starre.

Kommt es mir nur so vor, oder sind wirklich so spät mehr Männer als Frauen allein unterwegs? Ich schaue mich um. Wenn andere Frauen oder harmlos aussehende Pärchen da sind, stelle ich mich möglichst in ihre Nähe. „Subjektives Sicherheitsgefühl“ nennt man sowas wohl.

Irgendwann habe ich angefangen, Fotos der Bahnhöfe im Dunkeln zu machen. Als Dokumente meiner persönlichen Angst und ein bisschen, um einfach die Wartezeit totzuschlagen.